Wir alle wachsen auf vor dem Hintergrund der Erfahrungen unserer Eltern, Großeltern und weiteren Vorfahren. Sie prägen uns. Und wir sind Teil unserer Kinder. Sie erben unsere Erfahrungen und Prägungen, um sie dann angereichert durch ihre eigenen Lebenserfahrungen an ihre Kinder weiterzugeben. So überlebt jede Generation in der nächsten. In der Regel verfügen wir über ein Bewusstsein für die Existenz dieser Spuren familiärer Geschichte. Wenn nicht, dann erinnern uns andere Verwandte daran: „Dein Interesse für Mathematik hast du von deinem Vater geerbt“, oder: „Deine Mutter ist auch immer jedem Streit aus dem Weg gegangen“. Spätestens jetzt könnten wir uns fragen, warum die Mutter jeden Streit vermieden hat. Und dann würden wir vielleicht feststellen, dass wir doch sehr wenig über ihr Leben wissen. Wir könnten sie nach den Ursachen fragen, warum sie Auseinandersetzungen aus dem Weg gegangen ist. Aber vielleicht berühren wir genau damit wunde Punkte. Manchmal ist es auch schwer, sich gerade dem eigenen Kind mitzuteilen. Lassen wir es lieber. Und wieder ist eine Gelegenheit verpasst.
So bleibt uns auch das Leben von Opa Ernst, der damals aus Schlesien kam, oder das von Tante Elli, die immer wieder betont, wie gut wir es doch heute haben, oft ganz fern. Alles was an Erinnerung bleibt, sind ein paar zu bestimmten Anlässen wiederholten Anekdoten und Mythen. Wie wenig wissen wir doch über die Lebensgeschichten unserer Angehörigen, weil wir aus unterschiedlichen Gründen Hemmungen haben zu fragen. Wie wenig lassen wir unsere Kinder und Enkel wissen, weil wir Angst haben, dass sie uns vielleicht nicht wirklich verstehen.
Aber eigentlich wollen wir doch wissen und auch wissen lassen. Wir wollen unsere Angehörigen und deren mögliches Erbe verstehen oder Verständnis für uns und das, was wir ihnen hinterlassen, wecken. Erinnerungen sind als Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verstehen.